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zum Arbeitsfeld Kultur & Management

Transformation: Neue Förderinitiativen für die Kultur

Wie hat sich während der Corona-Pandemie die Kulturförderung verändert? In Zusammenarbeit mit dem Forum Kultur und Ökonomie lancierte das SKM im Mai 2021 eine Umfrage zu neuen Trends und Instrumenten der Förderung. Nachhaltigkeit, Diversität und soziale Sicherheit erweisen sich als massgebliche Themen, die in der Unterstützung der Kultur verstärkt eine Rolle spielen.

Nach Ausbruch der Pandemie stellten sich viele Kulturfinanzierende an die Seite der von ihnen Geförderten und versicherten ihnen ihre Unterstützung, auch wenn die Projekte nicht mehr wie geplant umgesetzt werden konnten. Diese unbürokratische Hilfe war finanziell, aber auch ideell vielerorts eine wichtige Stütze. Zudem ist aber eine ganze Reihe neuer, in die Kulturzukunft blickender Förderinitiativen entstanden. Man hörte und las immer wieder von neuen Konzepten, die sowohl aufseiten der öffentlichen als auch in der privaten Kulturfinanzierung entwickelt wurden.

Um sichtbar zu machen, in welche Richtung diese neuen Konzepte weisen, wurde im Frühjahr 2021 eine Umfrage unter den Mitgliedern des Forum Kultur und Ökonomie – dem Zusammenschluss der Kulturfördernden in der Schweiz – durchgeführt und erfragt, ob und warum neue Förderinitiativen entwickelt wurden, was und wie neu gefördert wird und welche allgemeinen Trends in der Kulturförderung derzeit gesehen werden. 52 Personen bzw. Institutionen haben sich an der Umfrage beteiligt, rund zwei Drittel aus dem Bereich der öffentlichen Hand und ein Drittel aus dem privaten Sektor.

Beachtliche rund 70% der Befragten gaben an, in ihrer Förderinstitution seien 2020/21 neue Förderprogramme entwickelt worden bzw. noch in Entwicklung (Ausfallentschädigungen sind dabei nicht berücksichtigt). Da besonders in der privaten Förderung immer wieder neue Schwerpunkte lanciert werden, war es vor allem spannend zu sehen, auf welche Entwicklungen die aktuellen Programme konkret reagieren.

Im Felddiagramm entspricht die Grösse der Felder der relativen Zahl der Nennungen und damit ihrer Gewichtung. So ist schnell festzustellen: Die Corona-Pandemie war und ist eine der grossen Herausforderungen und ein gewichtiger Grund, um Neues zu entwickeln.

Es zeigt sich aber auch, dass es durchaus andere Entwicklungen gibt, die derzeit eine Rolle spielen, insbesondere: Digitalisierung, Diversität, sozialer Wandel und Nachhaltigkeit. Migration und sozialer Wandel werden heute unter dem Dach des Begriffs Diversität besprochen. Digitalisierung war seit Jahren ein Riesenthema, hat sich aber ein Stück weit gewandelt von einer Heraus­forderung hin zu einem breit akzeptierten Feld, das gerade während der monatelangen Schliessungen für Kulturinstitutionen Alternativen anbot und wo im Verlauf der letzten 18 Monate eine rasante Kompetenzentwicklung stattfand. Einen grossen Raum nimmt das Thema Nachhaltigkeit ein. Und diese wird heute nicht mehr nur unter ökologischen Aspekten diskutiert.

In diesem Gesamtspektrum spielt die Pandemie als einschneidendes Ereignis eine zentrale Rolle. Über alle Neuentwicklungen gesehen war sie bei mehr als fast drei Viertel der Institutionen entweder der Auslöser oder ein Beschleuniger für ein oder mehrere neue Förderprogramme.

Was und wie wird mit diesen neuen Programmen gefördert? Ein Aspekt, der offenbar eine wichtige Rolle spielte, ist dieser: Die Pandemie hat im Kulturbereich nicht nur prekäre und existenzbedrohende Situationen erzeugt, sondern hat auch offengelegt, unter welch unsicheren Bedingungen Kulturschaffende seit vielen Jahren arbeiten. Entsprechend ist es ein Anliegen, v.a. die soziale Sicherheit mehr in den Blick zu nehmen. Allgemein sind bei den neuen Programmen Massnahmen stark vertreten, die Strukturen stärken und bei den Rahmenbedingungen für das Kulturschaffen ansetzen.

Was wir sehen, ist eine stärkere Anerkennung künstlerischer Schaffensprozesse (z.B. über Recherchebeiträge), die Förderung des gegenseitigen Austauschs von Akteuren in der Kultur, Coaching und Beratung, Investitionen in die Transformationskraft des Kultursektors sowie Förderprogramme, welche die gestiegenen Anforderungen an Diversität, Nachhaltigkeit, Publikumsverhalten (Hybridität on-/offline) und Transdisziplinarität aufnehmen.

Dabei stehen auf der einen Seite speziell auf die Pandemiesituation zugeschnittene Programme (Existenzsicherung, Überbrückung der Zeit ohne Präsenz-Veranstaltungen), auf der anderen Seite die Förderung der Entwicklung von Neuem für die Nach-pandemische Zeit, in der sich einiges verändert haben wird: z.B. Transformationsprojekte und Förderung der Entwicklung von neuen Strukturen. Zudem erfolgt eine verstärkte Einbindung grösserer Themen, die mitunter schon vor der Pandemie angelegt waren und eine langfristige Perspektive haben, dazu gehören eben die genannten grossen Trends wie Nachhaltigkeit, Diversität und Digitalität.

Auf welche Resonanz stossen die neuen Programme in der Kulturlandschaft? Auch wenn es bisher noch schwer abzuschätzen ist: Ein weit überwiegender Teil der Teilnehmenden gab an, dass die bisher eingegangenen Gesuche gut zu den Förderangeboten passen, was wiederum dafür spricht, dass der Bedarf vorhanden ist. In einigen Regionen wurde auf Initiativen, um z.B. den Austausch unter den Kulturakteuren zu fördern, weniger angesprochen als erwartet. Mancherorts wurde festgestellt, dass der Austausch ohnehin bereits rege war und ist. Das eine oder andere Förderangebot wird womöglich auch infolge genereller Verunsicherung und fehlender Planbarkeit weniger nachgefragt.

In der Auswertung allgemeiner Trends der Kulturförderung lassen sich mehrere Felder zusammenfassen:

Über alle Entwicklungen hinweg gibt es ein Spannungsfeld zwischen zwei Polen: den Erhalt von Bestehendem zu unterstützen oder aber die Entwicklung einer veränderten Kulturproduktion anzuregen. Allgemein zeigt sich aktuell eine gewisse Verunsicherung. Vor allem während der akuten Krise war nie klar, wie lange diese bestehen würde, wie lange welche Massnahmen andauern würden, und auch weiss niemand, welche Folgen die Pandemiezeit langfristig haben wird: für die Kulturproduktion, für Veranstaltungen, für die Zukunftsfähigkeit von Kulturinstitutionen, aber auch für das Publikumsverhalten.

Damit zusammenhängend scheint eine weitere Grundsatzfrage immer wieder durch: Inwieweit müssen veränderte Bedingungen, Pandemien, Katastrophen etc. in der Förderung grundsätzlich mitgedacht werden? Wie gehen wir künftig mit den Erfahrungen aus den vergangenen anderthalb Jahren um?

«Bridges to the Future» – So lautet eines der neuen Förderprogramme der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, und es benennt, worum es in diesen Zeiten des Wandels geht: um Wege, die in die Zukunft weisen, für das Kulturschaffen Brücken zu bauen und Entwicklungen für eine Stärkung des Sektors anzustossen.